Coworking-Community CO21 startet am Minto

Durch die Räume einer ehemaligen Anwaltskanzlei kullern bunte Gymnastikbälle, Stühle und Tische stammen aus Second-Hand-Läden oder werden über Ebay geordert. Das WLAN ist im Aufbau, die Kaffeemaschine steht neben der Verpackung.

SAM_0108 (800x277)Zu den ersten Neugierigen gehören ein Schreibtischdesigner, der hier seine Produkte präsentieren möchte, ein Graffitikünstler, der ein Atelier sucht und ein Fruchtsaftverkäufer, der in Ruhe seine Abrechnungen machen will. Schon nach wenigen Tagen haben sich 20 Interessenten auf dem Veranstaltungsportal Meetup bei CO21 angemeldet, dem ersten Coworking in Mönchengladbach, das ab April Schreibtische mit WLAN und Community-Faktor vermieten will – direkt gegenüber dem neuen Minto in Mönchengladbachs Einkaufsmeile Hindenburgstraße.
Die Preise liegen zwischen 100 und 200 Euro.

Coworking hat sich in den letzten 10-15 Jahren rasant entwickelt, zunächst in San Francisco, Wien und London. Mittlerweile existieren weltweit über 4000 dieser Arbeits-Communities mit rund 200 000 Plätzen, in Deutschland gibt es über 200 Coworking-Spaces. Vor allem in größeren Städten.
Ein Grund: viele Firmen haben ihre IT-Abteilungen outgesourct, junge Selbständige und Freelancer schätzen die Kombination aus Freiheit und Gemeinschaft.
Ein Coworkingspace bietet in der Regel freies WLAN und einen Arbeitsplatz, der oft flexibel wählbar ist. Das ist deutlich günstiger, als eigene Büroräume anzumieten.
Wichtig ist aber auch der gemeinsame Austausch untereinander, der bei der Arbeit im Homeoffice fehlt.

Gegenüber dem eher sterilen Büro wirkt ein Coworking-Arbeitsplatz wie eine Mischung aus Café, Wohngemeinschaft und Spielplatz für Erwachsene. Das CO21 bildet da keine Ausnahme. Anstelle des typischen Counters im Eingangsbereich ist ein Sitzrunde geplant, Gründer Christoph Schlee wünscht sich „Lagerfeuer-Atmosphäre“.

Der Fernsehjournalist, Jobcoach und Deutschdozent hat die Coworking-Idee während der „Schauzeit“ in Rheydt für sich entdeckt. Eigentlich wollte er einen kleinen innovativen Bildungsträger gründen, das Coworking hält er nun für die „coolere“ Variante.
CO21 wird durch die Wirtschaftsförderung WFMG und die Existenzgründerberatung „Get up – Start up!“ der Hochschule Niederrhein unterstützt – nicht materiell, aber durch Flüsterpropaganda: Absolventen und Gründer sind eine wichtige Zielgruppe.

Stadt und Hochschule haben ein starkes Interesse, Hochschulabsolventen in der Stadt anzusiedeln. Noch verlassen zu viele hier ausgebildete Talente die Stadt, so Professor Claus Brell, Wirtschaftsinformatiker der HS Niederrhein, der Entrepreneurship zu einem wichtigen Bestandteil seiner Lehrveranstaltungen gemacht hat.
Trotz der Wertschätzung des Coworkings durch die kommunalen Institutionen wird es bislang nur selten finanziell von der öffentlichen Hand gefördert. Es gründet sich auf privater Initiative, die mit einem Einnahmenmix kalkuliert: Vermietung der Arbeitsplätze, Raumvermietungen und Events.

SAM_0119 (800x604)CO21 kann mit seinen 7 Räumen auf 260 Quadratmetern in der Hindenburgstraße nur existieren, da der Vermieter des Objekts gegenüber dem Minto bis Ende 2018 erst einmal abwarten will, wie sich die Dinge entwickeln.
Durch den Übergangszeitraum, der für viele Mieter nicht attraktiv ist, kommt das Coworking ins Spiel.
Geplant sind in den Räumen Vorträge für Existenzgründer, zum Beispiel ein „Niederrhein-Pitch“ und so genannte „Fuck-up Nights“, in denen erfolgreiche Unternehmer von ihren Pannen und Fehlern berichten.

Christoph Schlee betont, dass die Coworking-Mieter von ihm aktiv in Vermarktung und Kontaktpflege unterstützt werden. Der gelernte Öffentlichkeitsarbeiter, der im CO21 auch mit seiner eigenen Filmproduktion eingezogen ist, will Existenzgründer in Mönchengladbach und Umgebung mit Filmclips präsentieren – in Kooperation mit der Hochschule Niederrhein.

Ein eigener Raum mit Beamer, Flipcharts und Tafelwand steht für Bildungsträger zur Verfügung, die Veranstaltungen durchführen wollen. Die VHS hat bereits Interesse signalisiert.
Zusätzlich bietet das CO21 auch eine Teeküche und einen Besprechungsraum, der von Unternehmen oder Institutionen, aber auch von den Coworkern zum Vorzugspreis gebucht werden kann. Ob das Experiment in Mönchengladbach klappt, bleibt abzuwarten. Immerhin boomt Coworking seit 2006 mit einer Wachstumsrate von jährlich 80 Prozent. Das Zusammenwirken verschiedener Institutionen, die dynamische Vernetzung der zumeist jungen Coworker und der Spaß am Improvisieren könnten Erfolgsfaktoren sein.

Neben der Vermietung von Arbeitsplätzen und Räumen erhoffen sich Christoph Schlee und seine Gründer-Kollegin, die Supervisorin und Business-Beraterin Grit Grüttner, auch Unterstützung von Unternehmen in der Region, die erkannt haben, dass die Förderung junger Talente auch unkonventionelle Konzepte benötigt. Sie wollen Firmen anregen, mit Patenschaften zum Gelingen des Coworking-Experiments in Mönchengladbach beizutragen.
„Für 120 bis 180 Euro im Monat kann ein Coworking-Arbeitsplatz gefördert werden“, so Christoph Schlee. Firmen können ihren Auszubildenden, jungen Mitarbeitern oder Freelance-Geschäftspartnern ermöglichen, im Coworking neben der alltäglichen Arbeit neue Kontakte zu knüpfen – und zugleich etwas für das eigene Image tun.

Flexibilität soll bei CO21 zur Normalität gehören: Arbeitsplätze müssen nicht wie Büros auf Dauer gemietet, sondern können monatlich oder sogar tageweise gebucht werden. Druckernutzung ist inklusive, Notebook, PC, Telefonflat und Besprechungsraum können dazugebucht werden.

CO21 will in Mönchengladbach – wie „Garage Bilk“ oder „Gewächshaus“ in Düsseldorf – zum Faktor werden. Mit einer Philosophie, die in der Wirtschaft weniger auf Ellenbogen und Konkurrenz setzt, sondern Spontanität und Gemeinschaft stärker in den Vordergrund rückt. Ganz wichtig ist für Christoph Schlee auch der Spaßfaktor: Arbeiten mit netten Leuten in kreativer und gemütlicher Atmosphäre soll bei CO21 großgeschrieben werden.
Sogar von Minto-Mietern gibt es bereits Signale, dass Interesse an Büro-Arbeitsplätzen besteht.
Ab 1.4. öffnet das CO21 in der Hindenburgstraße 90-92 offiziell seine Türen.

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